Inhalt
08.06.2016(Dr. Hans Reinold Horst) Der Vermieter hat das Gebäude nach langem Leerstand bis zum Rohbauzustand völlig entkernt. Der gesamte Innenbereich wird neu aufgebaut, die Wohnungen neu zugeschnitten, Wärme- und Kaltwasserleitungen neu verlegt. Die Wohnungen erhalten einen neuen Innenputz. Sämtliche Wohnungstüren, Abschlusstüren und die Haustüre werden erneuert, ebenso die Briefkastenanlage. Die Fassade wird neu verputzt und erhält einen Vollwärmeschutz.
Der Vermieter bittet die Mieter um Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf der Grundlage eines Mietspiegels. Dabei errechnet er einen Quadratmeterpreis auf der Grundlage einer im Vergleich zum Baujahr des Hauses jüngeren Baualtersklasse. Die Mieter wenden sich gegen diese Einordnung, der Vermieter klagt auf Zustimmung.
Das Landgericht (LG) Potsdam folgt ihm mit Urteil vom 25. September 2015 – 13 S 26/14. Eine umfassende und aufwändige Kernsanierung einschließlich neuer Wohnungszuschnitte zu Neubaukosten rechtfertige die höhere Einstufung in eine jüngere Baualtersklasse zum Zeitpunkt der Modernisierung. Im Mieterhöhungsverlangen müsse der Vermieter allerdings eingehend begründen, warum und auf welchen tatsächlichen Grundlagen er nach der Sanierung abweichend vom Baujahr des Hauses in eine jüngere Baualtersklasse einordne. Geschehe das nicht, sei das Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam. Denn in formeller Hinsicht müsse das Mieterhöhungsverlangen Angaben über die Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleite, damit der Mieter überprüfen könne. Dieser Fehler könne aber noch im Prozess nachgebessert werden.
Insgesamt gilt: Soll nach Modernisierung wegen der damit verbundenen großen Hürden für den Vermieter keine einseitige Modernisierungsmieterhöhung vorgenommen werden, sondern ein Mieterhöhungsverlangen nach Mietspiegel, so bereitet in der Praxis die Einordnung der Wohnung im Mietspiegel nach Modernisierung immer wieder Probleme. Der Vermieter geht gerade bei umfangreichen Modernisierungen von einem geschaffenen Neubau aus und möchte entsprechend in das „neue“ Mietspiegelfeld einordnen, der Mieter beruft sich auf das Baujahr der Wohnung und bestreitet, dass daraus nach Modernisierung ein „Neubau“ entstanden ist. Fraglich wird dann, ob die Wohnung als Neubauwohnung oder weiter als Altbauwohnung einzuordnen ist. Das wird man nach Umfang und Auswirkungen der Modernisierungen auf Ausstattung, Beschaffenheit und Wohnwert beurteilen müssen.
Dafür gilt Folgendes: Auch bei (umfangreicheren) Modernisierungen bleibt das tatsächliche Baualter der Wohnung für die Einordnung in das Mietspiegelfeld entscheidend. Eine Einordnung in die Altersklasse zur Zeit der erfolgten Modernisierung bietet sich allenfalls dann an, wenn auch rechtlich ein Neubau vorliegt. Als Wohnungsbau gilt das Schaffen von Wohnraum in einem neuen selbstständigen Gebäude, die Beseitigung von Schäden an Gebäuden unter wesentlichem Bauaufwand, durch die die Gebäude auf Dauer wieder zu Wohnzwecken nutzbar gemacht werden, die Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung von Gebäuden, durch die unter wesentlichem Bauaufwand Wohnraum geschaffen wird, oder Änderung von Wohnraum unter wesentlichem Bauaufwand zur Anpassung an geänderte Wohnbedürfnisse (§ 16 Abs. 1 WoFG).
Die Höhe der Investitionen und der geschaffene bauliche Zustand sind also entscheidend. Nur bei erheblichen Investitionen ist eine Einordnung als Neubau denkbar. Konflikt lösend greift die Praxis bisweilen auf einen Mittelwert zwischen der im Mietspiegel ausgewiesenen Miethöhe beim Altbau (modernisiert in Bezug auf Zuschlagskriterien aufgrund geschaffener Ausstattungen) und beim Neubau zurück.
Zur Unterscheidung: Werden Modernisierungsmieterhöhungen und Mieterhöhungsverlangen nach Mietspiegel kombiniert, kann für die Einordung im Mietspiegel nur auf den unmodernisierten Altbau abgestellt werden. Sonst zahlt der Mieter doppelt.