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14.04.2021Zum Beschluss der Regierungskoalition über die Ausgestaltung einer neuen Grundsteuer in Niedersachsen erklärt Haus und Grund Osnabrück unter Bezug auf die Pressemeldung des landeseigenen Finanzministeriums vom 13.04.2021: Die Koalitionspartner in Niedersachsen halten das selbst entwickelte Flächen-Lage-Modell für einfach und gerecht. Daran haben wir erhebliche Zweifel. Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) Christian Biemann, Geschäftsführer von Haus und Grund Osnabrück, erklärt dazu: Als Berechnungsfaktor werden die alten Einheitswerte aus dem Jahre 1964 gegen moderne Wertpauschalen zur Grundstücks- und Gebäudefläche ausgetauscht. Erhöhend soll die Lage des Grundstücks berücksichtigt werden. Der modernisierte Berechnungsfaktor erhöht sich damit insgesamt. Hinzu kommen die ständig drastisch nach oben entwickelten Hebesätze der Gemeinden, die ebenfalls bei der Berechnung der Grundsteuer eine maßgebliche Rolle spielen. Die sollen aber nicht nach unten korrigiert werden, moniert Biemann. Damit ist nicht zu widerlegen, dass es am Ende für alle Bürgerinnen und Bürger teurer wird. Das aber ist gerade in Pandemiezeiten, in denen die Menschen durch Krankheit, Kurzarbeit, Existenznot und nicht selten durch bereits eingetretene Insolvenzen schwer belastet sind, alles andere als gerecht, im Gegenteil. Das ist ungerecht und vor allem unfair.
Seit Jahren setzt sich Haus & Grund gemeinsam mit dem Bund der Steuerzahler und anderen wohnungswirtschaftlichen Verbänden für eine Berechnung der Grundsteuer in Niedersachsen ohne Lagefaktor ein, so Biemann weiter. Ein Lagefaktor verteuert und belastet Bürgerinnen und Bürger unnötig. Das Land hält diesen zusätzlichen steuererhöhenden Faktor nach dem sogenannten Äquivalenzprinzip für gerechtfertigt. Tatsache ist aber: Die Grundsteuer ist allein ein Ausgleich für kommunale infrastrukturelle Leistungen, die sonst nicht über Beiträge oder Gebühren finanziert werden können. Eine Kommune darf die Grundsteuer deshalb nur zur Abgeltung für Infrastrukturleistungen erheben, die nicht vollständig durch Beiträge und Gebühren abgegolten werden können. Dabei sind Straßen und weitere Erschließungsleistungen, Kindergärten und Schulen, Grünanlagen, Spielplätze sowie Kultur- und Sportstädten mit in den Blick zu nehmen. Dafür muss die Lage eines Grundstückes nicht in die Berechnung der Grundsteuer einfließen. Schließlich will die Mehrzahl der Eigentümer im Land ihre Immobilie nicht verkaufen, sondern sie jahrzehntelang nutzen, auch für eine sorgen- und lastenfreie Alterszeit.
Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahre 2018 den bislang geltenden Regelungen zur Berechnung der Grundsteuer verfassungsrechtlich die „rote Karte“ gezeigt. Dem Bund wurde aufgegeben, bis Ende des Jahres 2019 neue Vorschriften zu erlassen. Auf Landesebene müssen diese Vorschriften umge-setzt werden. Die niedersächsische Landesregierung tut sich damit bis zum heutigen Tage schwer und ringt um politische Kompromisse – im Ergebnis wieder einmal nur zulasten der Bürgerinnen und Bürger. Und das in Zeiten von Corona, so Biemann abschließend. Einfach mag die Erhebung der neuen Grundsteuer für die Gemeinden vielleicht sein, aber was hat das mit Gerechtigkeit zu tun?