Familie vor dem Haus

Koalitionsvertrag in Niedersachsen: Verspielte Chance

02.11.2022

[Osnabrück]. Wer den Marktanteil und die Investitionskraft privater Immobilieneigentümer „übersieht“, verspielt die Chance auf ein zügiges Erreichen der selbst gesteckten Ziele beim Wohnungsbau. Darauf macht jetzt der Verein Haus und Grund Osnabrück aufmerksam und reagiert damit deutlich kritisch auf den gestern veröffentlichten Koalitionsvertrag 2022 – 2027 der neugebildeten niedersächsischen Regierungskoalition.

Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) Christian Biemann, Geschäftsführer von Haus und Grund Osnabrück hierzu: Eigentumsförderung und Bodenpolitik kennt nur noch den sozialen Wohnungsbau durch eine eigens geplante Landeswohnungsbaugesellschaft, durch Kommunen und Wohnungsbaugenossenschaften. Es gibt keinerlei Forderung privaten Eigentums auf Landesebene mehr. Die Rolle privater Immobilieneigentümer erschöpft sich in freiwilliger oder erzwungener Bereitstellung von Bauland. Ihre Rolle als Investoren wird negiert. Stattdessen werden sie von einem ganzen Bündel ordnungsrechtlicher Gebote und Verbote bis in die kleinste Stellschraube (Gebäudeausstattung und Gebäudetechnik, Gebäudenutzung, Zweckentfremdung, Schrebergartenverbote) gegeißelt. Und das alles noch auf eigene Kosten der privaten Anbieter wie zum Beispiel beim staatlich verordneten Heizungsumbau und bei der Solardachpflicht.

Biemann weiter: Und das reicht der neuen Regierung immer noch nicht. Angekündigt sind zwingende Rechtsrahmen zur Entwindung privater Grundstücke über Quartiersinitiativen, kommunale Direktiven oder über ein verstärktes kommunales Vorkaufsrecht. Ziel ist die „Mobilisierung“ von Grundstücken zugunsten von Kommunen und sozial orientierten Wohnungsbaugenossenschaften als Investoren.

Im Gegenzug sollen die Mieten über die landeseigene Mietpreisbremse weiter gedeckelt werden. Und Mieter sollen – so geplant – künftig sogar nach eigenem Gutdünken „Balkonkraftwerke“ installieren dürfen! Vor allem sollen sie möglichst vor Energiekosten geschützt werden – durch einen staatlich verordneten und verschärften Heizungsumbau auf Kosten der Eigentümer!

Haus und Grund Osnabrück befürchtet zudem neue soziale Brennpunkte. „Die neue Regierung hat sich die Förderung verdichteten Bauens durch Lückenschluss, Aufstockung und durch verminderte Bauabstände mit recycelten oder ökologisch sinnvollen Baustoffen (zum Beispiel Holz) auf die Fahnen geschrieben – auch auf Altlastenflächen. All dies soll in serieller Bauweise, also uniform und ohne auflockernde Abwechslung geschehen. Wir haben in der 2. Hälfte des vergangenen Jahrhunderts erleben müssen, zu welchen soziologischen Entwicklungen diese Silobauweise führt. Soweit zum künftigen Wohlfühlfaktor beim Wohnen“, sagt Biemann.

Das Resümee: Allein mit „Klima, Klima, Klima“ als Leitmotiv kann man keine günstigen Wohnungen bauen und einen „klimagerechten Wohlstand von morgen“ erreichen, zeigt sich Biemann insgesamt geradezu fassungslos.