Familie vor dem Haus

Wohnungseigentümerversammlung mit „2G“?

23.11.2021

3G am Arbeitsplatz, 2G in der Freizeit, das ist der staatlich aktuelle Trend, nachdem die Grundentscheidung aus wirtschaftlichen Gründen, keinen Lock-Down mehr anzuordnen, gefallen ist. Was ist jetzt mit Wohnungseigentümerversammlungen, um die es ja gerade in Zeiten des Lock-Downs viel Streit zwischen Wohnungseigentümern und Verwaltern gegeben hat? Die Zahl der mittlerweile veröffentlichten Gerichtsentscheidungen dazu zeigt die Brisanz, wie Haus und Grund Osnabrück feststellt. Dazu Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) Christian Biemann, Geschäftsführer von Haus und Grund Osnabrück:

Die aktuelle Niedersächsische Corona-Abwehrverordnung ordnet diese Zugangsbeschränkungen ausdrücklich für Versammlungen, die rechtlich vorgesehen oder vorgeschrieben sind, nicht an (§ 8 Abs. 3 Nr. 1). Ob man sie trotzdem vorsieht, ist eine Frage der Abwägung zwischen dem Kernrecht eines jeden Wohnungseigentümers auf Teilnahme an einer Eigentümerversammlung einerseits und der Rasanz des pandemischen Infektionsgeschehens andererseits. Denn eines ist klar: Eine reine Online-Versammlung geht im Wohnungseigentumsrecht nicht. Nur für einzelne Wohnungseigentümer kann auf deren eigenen Antrag hin beschlossen werden, dass ihre Teilnahme online zugelassen wird, erklärt Biemann.

Was gilt aber, wenn die Niedersachse Corona-Abwehrverordnung bald doch auch für bisher ausgenommene Fälle Zugangsbeschränkungen vorsieht? Damit ist zu rechnen, nachdem sich Ministerpräsident Stephan Weil auch für eine 2G-Regelung ausgesprochen hat, so Biemann weiter: Kann man dann den Nachweis verlangen? Und: Haftet die Wohnungseigentümergemeinschaft oder der Verwalter trotzdem, wenn ein Eigentümer ausgeschlossen wird, der den Nachweis nicht führen kann? Oder: Gibt es Haftungsfragen, wenn er zugelassen wird und tatsächlich von der Versammlung ein Infektionsgeschehen ausgeht?

Aus anderen Rechtsbereichen hört man schon, dass die Zugangsregelungen „2G oder 3G“ von Gerichten wegen des eingeschränkten oder aufgehobenen Teilnahmerechts verfassungsrechtlich „kaputt geschrieben“ werden, so zum Beispiel bei Ratssitzungen (VG Minden, Beschl. v. 08.09.2021, Az. 2 L 595/21 und OVG NRW, Beschluss vom 30.09.2021 – 15 B 1529/21). Weder der Eigentümergemeinschaft noch ihrem Verwalter wird man aber eine solche Prüfung und Entscheidung zumuten können.

Deshalb die Empfehlung von Haus und Grund Osnabrück: Im Zweifel eher absagen, wenn nicht wirklich unaufschiebbare Entscheidungen anstehen. Das „Pandemierecht“ gibt die Möglichkeit dazu und gilt augenblicklich noch bis zum 31. August 2022 fort.